Verhandeln mit dem Teufel - Das Harvard-Konzept fuer die fiesen Faelle by Robert H Mnookin
Autor:Robert H Mnookin
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Ratgeber/Recht, Beruf, Finanzen/Ausbildung, Beruf, Karriere
Herausgeber: Campus Verlag
Aber was genau taten wir in der Vermittlungsphase? Letztlich entwickelten wir einen vollkommen neuen Prozess, der genau auf den Konflikt zwischen IBM und Fujitsu zugeschnitten war. Und so kamen wir dort hin:
Im ersten Schritt sahen Jack und ich uns die konfuse Liste der designierten Programme an. Das war relativ einfach, da beide Parteien nun motiviert waren. Die Vorstellung von IBM, das Unternehmen werde für die neue DPs, die Fujitsu hinzufügen wollte, eine dreifache Lizenzgebühr kassieren, war vom Tisch. Doch Fujitsu wollte weiterhin Immunität für diese Programme und war bereit, dafür zu zahlen.
Nach weniger als vier Wochen der Shuttle-Diplomatie hatten wir eine Einigung erzielt: Fujitsu konnte 295 Programme zu der DP-Liste hinzufügen und zahlte IBM für die Nutzung in der Vergangenheit eine Pauschale von 30 Millionen Dollar. In Zukunft würde Fujitsu für sämtliche Programme auf der Liste halbjährlich für jede Kundeninstallation eine Lizenzgebühr bezahlen. So hatten wir mit einem Schlag die Notwendigkeit beseitigt, jedes Programm einzeln durchgehen zu müssen.
Das war jedoch erst ein winziger Schritt. Wir hatten noch ehrgeizigere Ziele.
In unseren Einzeltreffen mit den Parteien hatten wir Fragen gestellt, wie sie Spock stellen würde: Was sind die Interessen Ihres Unternehmens? Denken Sie an die legitimen Interessen der anderen Seiten. Wie können wir gemeinsam kreative Optionen entwickeln, mit denen den Interessen beider Parteien besser gedient ist als mit einer herkömmlichen Schlichtung?
IBM ging es offensichtlich in erster Linie darum, sein geistiges Eigentum zu schützen. Wenn Fujitsu seine Technologie benutzte, dann sollte es auch einen angemessenen Preis dafür zahlen.
Fujitsus Hauptinteresse bestand darin, kompatibel zu bleiben. Es wollte eine echte Chance haben, in eigener Entwicklung kompatible Software zu produzieren.
Das war noch einfach. Aber in den Gesprächen bemerkte ich, dass die Parteien ein gemeinsames Interesse hatten, das sie noch nicht benannt hatten, nämlich Sicherheit. Und zwar die Sicherheit darüber, welches Material Fujitsu benutzen konnte, um IBM-kompatible Software zu entwickeln. Diese Sicherheit hatten die Vereinbarungen des Jahres 1983 nicht geschaffen. Wenn wir diesen Konflikt irgendwann beenden wollten, dann benötigten wir klare Regeln. Das erklärte ich beiden Seiten und fragte, ob die Unternehmen nicht besser bedient wären, wenn Fujitsu von vornherein wusste, welche Information es benutzen konnte, statt nachher vor Gericht darüber zu streiten.
Wir waren nun mitten in Spocks Denkprozess: Es ging darum, ein kniffliges Problem so kreativ wie möglich zu lösen. Das war interessanter als alles, was wir bis dahin gemacht hatten. Ich fand den Prozess immens spannend.
Allmählich nahm eine neue Vereinbarung Gestalt an, die es uns erlaubte, die Vereinbarung des Jahres 1983 in den Müll zu werfen und von vorn anzufangen. Rückblickend sah ich, dass diese beiden Abkommen von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen waren. Ein Problem war die Liste der designierten Programme gewesen, obwohl die Idee im Prinzip gar nicht schlecht war. Fujitsu wollte den teuren Lizenzgebühren entgehen und hatte einen Anreiz gehabt, seine »kontaminierten« Programme aufzuräumen, indem es neue Programme auf den Markt brachte, die IBMs Urheberrechte nicht mehr verletzen würden. Aber ohne eine Diskussion darüber, wann ein Nachfolgeprogramm »sauber« war oder welche Teile eines designierten Programms Fujitsu weiter benutzen konnte, war neuer Streit vorprogrammiert.
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